Guter Wille erkennbar: Bayerischer Rundfunk

Guter Wille erkennbar: Bayerischer Rundfunk

19. November 2019 2 Von khj

An den Intendanten
des Bayerischen Rundfunks
Herrn Ulrich Wilhelm
Rundfunkplatz 1
80335 München

20.11.2019

Offener Brief
Vorbildfunktion des Bayerischen Rundfunks im Klimaschutz

Sehr geehrter Herr Wilhelm,

als regelmäßiger Hörer und Seher von Sendungen des Bayerischen Rundfunks bin ich einerseits angetan von der Kritikbereitschaft und der investigativen Themenwahl des Senders abseits vom privaten Medien-Mainstream. Insofern nimmt der BR in meiner Wahrnehmung seine öffentlich-rechtliche Aufgabe ernst und wird seiner Rolle als Vorbild in der Gesellschaft gerecht.

Andererseits bin ich aber auch befremdet über so manche Inkonsequenz und Gedankenlosigkeit im täglichen Umgang mit brennenden Problemen von globaler Auswirkung.

Ich führe als Beispiel den Klimaschutz an:

Durch Nachrichten, Kommentare und Beiträge des BR zieht sich ein roter Faden entlang einer eindeutigen Unterstützung für einen konsequenten Klimaschutz. Es fehlt nicht an mahnenden Worten, Anstrengungen für wesentlich mehr Klimaschutz zu steigern, die Konsumzwänge in diesem Zusammenhang in Frage zu stellen und Lebenseinstellungen in Richtung Nachhaltigkeit generell zu ändern.

Parallel dazu organisiert der BR allerdings auch Veranstaltungen, (z.B. Partyschiff, Dorffest, Konzerte, FCB-Bus) oder es werden Flugreisen zu fernen Zielen verschenkt, die alles andere als klimafreundlich sind.

Erst kürzlich wurde wieder in Beiträgen die sog. „Grillsaison“ eröffnet, wobei weder die Umeltschädlichkeit der Grillkohle, noch die verheerenden Auswirkungen unseres übertriebenen Fleischkonsums auf Klima, Artenvielfalt und Tierhaltung Erwähnung fanden, sondern nur die Qualität und der Preis von Nobel-Grillöfen.

Veranstaltungen der oben genannten Art verursachen einen hohen Energieverbrauch, CO2-Ausstoß und beschleunigen so die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Und unreflektierte Beiträge geben ein falsches Signal, dass alles so weitergehen kann wie bisher, Hauptsache wir haben noch ein paar Jahre Spaß und nach uns die Sintflut.

Kurz gesagt, der BR gibt sich in seinen Informationssendungen zwar wirtschafts- und konsumkritisch, handelt aber in manchen Unterhaltungsformaten neoliberal, unkritisch und somit unverständlich ignorant gegenüber unser aller Wissen um die apokalyptischen Folgen.

Wir verstehen uns nicht als Spaßbremser oder Verzichtsapostel. Aber bei allem Verständnis, dass auch öffentlich-rechtliche Sender stets mit neuen Attraktionen Hörer und Zuschauer gewinnen müssen: diese Art der Eigenwerbung ist einfach nicht mehr zeitgemäß…

…Es sei denn, solche Events würden klima- bzw. CO2-neutral durchgeführt. Das heißt, ein Äquivalent an CO2-Zertifikaten würde die negativen Folgen kompensieren. Für jede beliebige Veranstaltung kann eine Emissionsbilanz erstellt und ein entsprechender Emissionsausgleich geschaffen werden.

Richtig, das kostet Geld! Aber wer sagt, dass Klimaschutz kostenlos ist?

Nebenbei, die Firma „Zukunftswerk“ in Starnberg kann ich in diesem Zusammenhang als kompetente Beraterin sehr empfehlen.

Wie wäre es,

  • wenn der BR sich vom Verschenken von Flugreisen, Wellnesstrips oder ähnlichen Hörergeschenken zukünftig aktiv und öffentlichkeitswirksam im Sinne des Klimaschutzes verabschieden, verträgliche Alternativen anbieten und dies auch offensiv kommunizieren würde?
  • wenn der BR regelmäßig darauf hinweisen würde, dass Rundfunk per se energieintensiv ist und deswegen ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zur Anwendung kommt?
  • wenn der BR in seiner Werbung für jede einzelne Spaßveranstaltung darauf hinweisen würde, auf welche Weise diese zum Schutz des Klimas kompensiert wird?
  • wenn der BR Teile der Rundfunkgebühren dafür verwenden würde, um aktiven Klimaschutz einzupreisen?
  • wenn der BR sich auf die Fahne schreiben würde, vollständig klimaneutral zu arbeiten und zu senden?
  • wenn der BR sich als erster Sender an die Spitze des Klimaschutzes stellen und daraus ein Premium-Markenzeichen machen würde?

Und da gäbe es noch die nächste Stufe:

Wie wäre es,

  • wenn der BR zusätzlich zur fiskalischen Bilanz – und ebenfalls als Markenzeichen – eine Gemeinwohlbilanz erstellen würde, aus der ersichtlich wird, dass öffentlicher Rundfunk nicht nur unabhängig, informativ, investigativ und unterhaltsam ist, sondern gleichzeitig auch durch belegte Nachhaltigkeit dem Gemeinwohl in ganz besonderer Weise dient?
  • wenn der BR im Konzert der ARD andere oder wenn möglich alle Sender dazu animieren würde, sich dieser Entwicklung anzuschließen?

Sehr geehrter Herr Wilhelm, spätestens seit Greta Thunberg muss von einer Klimaschutzbewegung gesprochen werden. Greta hat in ein paar Monaten mehr bewegt, als wir im Umweltzentrum in vielen Jahren mühsamer Überzeugungsarbeit. Dafür sind wir sehr dankbar.

Wir denken, dass es jedem Einzelnen, jedem Unternehmen und jeder Anstalt des Öffentlichen Rechts gut anstehen würde, sich dieser Bewegung mit Leidenschaft anzuschließen und ab sofort alle Hebel in Bewegung zu setzen, um dem Klimaschutz im Kleinen wie auch im Großen beizustehen.

Sie Herr Wilhelm, sind mit dem BR ein Vertreter des Großen. Ihr Einfluss auf die einzelnen Menschen und die Gesellschaft im Ganzen ist beachtlich. Der BR ist mit seiner Rolle in der Gesellschaft ein außerordentlich wichtiger Multiplikator. In Bayern wird gern das Wort vom Vorreiter gebraucht und oft auch missbraucht.

Im Fall des Bayerischen Rundfunks könnten wir uns aber eine Vorbild- und Vorreiterrolle für den Klimaschutz sehr gut vorstellen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir Ihre Meinung dazu mitteilen würden. Noch mehr würde ich mich freuen, wenn mein Schreiben Früchte tragen würde.

Mit freundlichen Grüßen


Und hier ist die Antwort des BR

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